30 Jahre Streit und Selbstverständigung, 30 Jahre Ratschlag – vom 5. bis 6. November in Erfurt

30 Jahre antifaschistisch-antirassistischer Ratschlag Thüringen

Am kommenden Wochenende, am 05. und 06. November, findet in Erfurt der 30. antifaschistische und antirassistische Ratschlag Thüringen statt. Wir unterstützen den Aufruf dazu und möchten kurz erläutern, warum so eine Veranstaltung für linksradikale Strukturen in Thüringen so wichtig ist.

Der antifaschistische und antirassistische Ratschlag Thüringen ist seit 30 Jahren eine Konstante in der Vernetzung und Organisierung. Er ist, wie es im Aufruf heißt, ” Motor für Selbstorganisation und Vernetzung – thüringenweit und spektrenübergreifend” und damit wichtiger Bestandteil antifaschistischer Strukturen in Thüringen. Jedes Jahr bietet sich für Antifaschist:innen aus ganz Thüringen die Möglichkeit, sich durch diverse Vorträge, Diskussionen, Workshops und Infostände über aktuelle politische Themen, Konflikte und Posititonen zu informieren, auszutauschen und zu vernetzen.

Dabei gilt es auch zu streiten und den Streit auszuhalten, denn “auch 2021 in Thüringen gilt: Wenn man wirksam und langfristig in Thüringen gegen Nazis, aber auch gegen autoritäre, rassistische und antisemitische Einstellungen in der Mehrheitsbevölkerung vorgehen möchte, so geht dies zum einen nur spektrenübergreifend.” Eine wirksame antifaschistische Aktion, die sich gegen Rassimus, Antisemitismus und Islamismus, gegen die deutsche Ideologie und für eine bessere, emanzipatorischen Gesellschaft einsetzt, kann nur bestehen, wenn man bereit ist sich als politische Struktur zu streiten, zu diskutieren und am Ende wieder zusammen zu kommen. Wir halten dies für unablässlich.

Das Jubiläum, welches bereits Ende August mit einer Demonstration und einem Open Air-Konzert in Erfurt gefeiert worden ist, findet dieses Jahr vom 5. bis 6. November in Erfurt statt. Von Freitag bis Samstag gibt es verschiedene Veranstaltungen und Workshops an unterschiedlichen Orten oder digital. Ein thematischer Schwerpunkt des diesjährigen Ratschlags liegt bei feministischen und antisexistischen Themen. In den vergangen Jahren gab es immer wieder Berichte und Outcalls über sexualisierte Gewalt und Übergriffe innerhalb der linksradikalen Szene, was Anlass genug ist sich mit diesen Thematiken auseinanderzusetzen, sich selbst zu reflektieren und diese Strukturen zu durchbrechen. Wir erklären uns Solidarisch mit den von sexualisierter Gewalt betroffenen Genoss:innen und bewerben in dem Rahmen den Workshop zu Sexismus, Mackertum und sexualisierter Gewalt in der linken Szene.

Wir dokumentieren im Folgenden den Aufruf des Ratschlags, welchen wir unterstützen, und verweisen auf das Programm:

Aufruf zum 30. antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag 2021:

30 Jahre Streit und Selbstverständigung, 30 Jahre Ratschlag

Am 9. November 1938 zündeten Deutsche landesweit Synagogen und andere jüdische Einrichtungen an, verfolgten und ermordeten Jüdinnen und Juden. Seit nunmehr 30 Jahren organisieren wir um den Jahrestag dieser Ereignisse, die als Reichspogromnacht in die Geschichte eingingen, den antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag, um uns aktuellen Formen des Menschenhasses zu stellen. Der antifaschistische und antirassistische Ratschlag will faschistische Tendenzen in ihren unterschiedlichsten Formen und Erscheinungen bekämpfen, die Aktiven zusammenbringen und vernetzen sowie Positionen und Strategien im Bereich des Antifaschismus und Antirassismus diskutieren.

Der Anfang der 1990er-Jahre ist eine Zeit täglicher Auseinandersetzungen: Nazi-Skins schlagen zu, Kleinstparteien und Gruppierungen versuchen, der rechten Szene Struktur zu geben. Es ist die Zeit, in der Migrant*innen und Linke von Nazis offen auf der Straße angegriffen und terrorisiert werden, aber auch eine Zeit des Umbruchs. Die BRD verleibt sich die DDR ein, im Osten brechen viele Gewissheiten in wenigen Monaten zusammen. Gerade in der Einheitsnacht vom 2. auf den 3. Oktober kommt es zu massiven Naziübergriffen auf Linke, besetzte Häuser Migrant*innen und Vertragsarbeiter*innen. Die großen Parteien entdecken das „Asylproblem“ und machen auf dem Rücken von Geflüchteten Wahlkampf. Dann brennen die Häuser: Hoyersweda, Rostock-Lichtenhagen, Solingen, Mölln. Dass kein Thüringer Ort unter den bekannten ist, liegt womöglich nur daran, dass größere Flüchtlingslager hier hinter Stacheldraht und im Wald eingerichtet werden. SPD und CDU nehmen den entfesselten Terror zum Anlass, das Asylrecht faktisch abzuschaffen.

Gleichzeitig läuft als „Aktionsprogramm gegen Aggression und Gewalt“ (AgAG) das, was Andreas Buderus später (1998) „Glatzenpflege auf Staatskosten“ nennen wird: Nazistrukturen wie die, aus denen später der NSU hervorgeht, bekommen Konzerte, Selbstverteidigungskurse, Streetworker, finanziert durch ein Bundesprogramm zur Demokratieerziehung. Für Migrant*innen, linke Jugendliche, Obdachlose geht es in Eisenach, Gera und Apolda um‛s Überleben. In Nordhausen, Schlotheim, Erfurt, Arnstadt und Saalfeld sterben sechs Menschen nach Nazi-Überfällen.

Klar war: In dieser Situation müssen sich alle zusammen tun, die den Nazimorden, der wachsenden Konsolidierung rechter Strukturen, dem Straßenterror und der rassistischen Verbrüderung von Mehrheitsgesellschaft und Nazis (dem »rechten Konsens«) etwas entgegen stellen wollen.

In dieser Situation entstand der Ratschlag als Tag, an dem Antifaschist*innen aus ganz Thüringen zusammen kommen, sich über ihre jeweilige Lage verständigen und um gemeinsame Strategien gegen die Faschisierung ringen. Die damalige Situation der massiven Angriffe von Nazis macht es nötig, von Differenzen abzusehen und das Einende in den Mittelpunkt zu stellen.

 

20 Jahre Aufstand der Anständigen

2001 ändert sich die Rolle des Antifaschismus im politischen Spektrum. Wurde er vorher misstrauisch beäugt und vom Verfassungsschutz beobachtet, rief Gerhard Schröder nach einer Reihe von Nazi-Anschlägen und -Morden einen „Aufstand der Anständigen“ gegen rechten Hass und Gewalt aus – ein bemerkenswerter Umbruch. Während die CDU noch 1999 erneut versucht hatte, mit einer Unterschriftensammlung gegen die doppelte Staatsangehörigkeit mit Rassismus Wahlen zu gewinnen, während der Ratschlag 1998 noch vom Thüringer VS beobachtet wurde, standen im Sommer 2000 neue Akteur*innen bei der Lichterkette gegen Rassismus und Naziterror. Es dauerte bis in die Mitte der 2000er-Jahre, bis es in Thüringen abseits überschaubarer linker Netzwerke schick wurde, sich antifaschistisch zu äußern. Trotzdem kritisiert der Aufruf des Ratschlags schon 2001 eine neue Staatsräson oberflächlicher Toleranzbekundungen als „eine neue Form des Wegschauens und Beschweigens“.

Die 2001 beschlossenen Bundesprogramme erlauben zudem einen staatlich finanzierten, zivilgesellschaftlichen Antifaschismus wie Opferberatung und mobiler Beratung. Diese Strukturprojekte zielt von Anfang an auch darauf, Antifaschismus zu deradikalisieren, in zivilgesellschaftliche Formen zu bringen und die vermeintlich zivilisierte „Mitte der Gesellschaft“ von Extremismus von Links, Rechts und von Ausländer*innen zu schützen. Trotzdem ermöglichen die Programme zumindest mittelfristig einen professionellen Aufbau zivilgesellschaftlicher Strukturen gegen Nazis, der für bestimmte Aufgaben des antifaschistischen Kampfes besser geeignet schien als selbstorganisierte antifaschistische Strukturen. Auf dem Ratschlag wurde das Verhältnis von Staatsantifa und Bewegungsantifa von Anfang an kritisch diskutiert.

Es ist kein Zufall, dass in diese Phase auch politisch verstärkt umkämpft wird, welcher Antifaschismus der richtige ist: Im Oktober 2001 stehen anständige Antifaschist*innen bei der Lichterkette, während die Antifa-Demo „Es gibt 1000 Gründe, Deutschland zu hassen“ – eine Reaktion auf die CDU-Kampagne „Es gibt tausend gute Gründe, auf Deutschland stolz zu sein – verboten, Unterstützer*innen aus Parteien und Verbänden zur Distanzierung oder zum Rücktritt genötigt werden.

Beim Ratschlag stritt man sich in den 2000er-Jahren um das Verhältnis von „Demokratie und Antifaschismus“, „Neofaschismus [als] Spitze der Rechtsentwicklung der Gesellschaft“ und Antifa „zwischen Extremismus, Toleranz und Demokratie“. Nicht zuletzt das The VOICE Refugee Forum wies immer wieder darauf hin, dass der Staat täglich seinen Rassismus zeigt. Und immer noch war es unumgänglich, sich über die Lage zu verständigen und über Deutungen zu streiten. Und trotz scharf ausgetragener Differenzen gelang es, gemeinsame Strategien gegen die Faschisierung zu entwickeln, z.B. indem man gemeinsame Kampagnen und Demonstrationen plante, sich 2001 klar und deutlich gegen israelbezogenen Antisemitismus positionierte und ab 2000 den Ratschlag weg von der Landeshauptstadt verlagert.

Diese Spannungsfelder, aber auch Schnittstellen antifaschistischer und antirassistischer Theorie und Praxis bestehen bis heute. Der Ratschlag will die ganze Breite des Antifaschismus in Thüringen von breiten, pluralen Bürgerbündnissen, Gewerkschaften, Parteien, undogmatischen Linken bis zu linksradikalen Antifa-Gruppen repräsentieren und vernetzen. Dabei streiten wir solidarisch nicht nur um die Frage der Mittel der politischen Auseinandersetzung, sondern auch um Deutungsansätze, die die Bedrohung durch Nazis in ihren gesellschaftlichen Kontext setzt. Ein breiter Widerstand gegen Naziaufmärsche und -strukturen, Aufklärung, etwa in Form des Abbaus von Vorurteilen, und Menschenrechtsbildung, aber auch das Verständnis von Antisemitismus und Rassismus als notwendige gesellschaftliche Verhältnisse in einer Gesellschaftsordnung, die die Menschenrechte ebenso hervorbringt wie die Möglichkeit ihrer Abschaffung, finden sich auf dem Ratschlag als Positionen. Gemäß jenem Ansatz umfassender Gesellschaftskritik, wie ihn etwa linksradikale Gruppen betreiben, erfordert die nachhaltige Bekämpfung von Antisemitismus und Rassismus die Abschaffung der kapitalistischen Vergesellschaftungsweise. Unabhängig von den Deutungsansätzen, organisatorischen und theoretischen Hintergründen der verschiedenen Akteurinnen und Akteure des Antifaschismus in Thüringen verbinden uns praktische Bemühungen, etwa zur Eindämmung faschistischer Bewegungen, antirassistischer Bildungsarbeit in Betrieben, Hochschul und Vereinen, oder zur Schaffung einer humanitären Flüchtlingspolitik und sei es durch geringste Verbesserungen in der Unterbringung, Versorgung oder der Möglichkeit überhaupt nach Thüringen zu gelangen. Der Ratschlag galt und gilt seit jeher als Ort, auf dem man sich diese Gemeinsamkeiten und Unterschiede bewusst gemacht und offen diskutiert hat und dies auch immer noch tut.

 

10 Jahre Selbstenttarnung NSU

Am 4.November 2011 wurde deutlich, dass sowohl der staatliche Antifaschismus wie auch der weiße Antirassismus versagt hatten. Die Selbstenttarnung des NSU zeigte, das der „Aufstand der Anständigen“ nur Fassade gewesen war. Während die Anständigen bei der Lichterkette gewesen waren, hatten die Behörden unter den migrantischen Opfern des NSU ermittelt – währen Migrant*innen im Sommer 2006 unter dem Motto „Kein 10. Opfer“ in Kassel größtenteils ohne Beteiligung der linken Szene demonstrierten.

 

Anders als Helmut Kohl, der es 1993 noch abgelehnt hatte, sich an der Trauerfeier für die Toten des Anschlags von Solingen zu beteiligen, versprach Angela Merkel 2011 Aufklärung. Das Versprechen wurde nicht gehalten. Eine noch weiter gehende Verbreitung eines positiv gewendeten, staatstragenden Antifaschismus führte in den Folgejahren für noch mehr Fassade und noch mehr Formelkompromisse.

Gleichzeitig führen Vereinzelung und Individualisierung, in Wechselspiel mit einem virtuellen Internetaktivismus dazu, dass Antifaschismus zu einem inhaltslosen Label verkommt. An Stelle von Kritik und Debatten treten durchchoreografierte Kampagnen, die es erlauben, durch ein Selfie oder der Teilnahme an einem inhaltlich kaum bestimmten Großevent – mit Schlagerstars und Polizeimusikkorps – dokumentieren zu können, dass man auf der guten Seite steht. Einstellungsuntersuchungen zeigen alldieweil, dass die Behauptung, „wir“ seien mehr, gerade in Thüringen auf tönernen Füßen steht.

Mit seinem Fokus auf Streit, Aushalten von Differenzen, Selbstorganisation und Zusammenarbeit über verschiedene Spektren hinweg ist der Ratschlag ein Anachronismus – ein Anachronismus, den es braucht!

 

30 Jahre Ratschlag

Der Ratschlag ist seit 30 Jahren Motor für Selbstorganisation und Vernetzung – thüringenweit und spektrenübergreifend, heute sehr differenziert, aber trotzdem mit breiter Beteiligung.

Der Ratschlag funktioniert, weil man sich gegenseitig was zumutet. Nicht zuletzt der Aufruf dokumentiert jedes Jahr aufs neue, dass ausgelotet werden muss, was zusammen geht. Das Ratschlag-Wochenende selbst ist die Gelegenheit, sich zu streiten, aber auch zusammen zu kommen.

Wir halten es für notwendig, den Streit auszuhalten (und zu führen), weil auch 2021 in Thüringen gilt: Wenn man wirksam und langfristig in Thüringen gegen Nazis, aber auch gegen autoritäre, rassistische und antisemitische Einstellungen in der Mehrheitsbevölkerung vorgehen möchte, so geht dies zum einen nur spektrenübergreifend. Als Beispiele seien hier genannt die massiven Aufmärsche von Verschwörungsideolog*innen, Nazis, Esoteriker*innen etc. gegen die Corona Maßnahmen, die ständigen rassistischen Übergriffe auf Geflüchtete und Migrant*innen, die antisemitischen Ausschreitungen, die sich hinter vermeintlicher Israel-Kritik zu verstecken suchen, oder aber der große Wahlerfolg der AfD bei den letzten Thüringer Wahlen. Zum anderen nur, wenn man statt auf anlassbezogene Aufregung und Bekenntnis-Antifaschismus zu setzen, Formen entwickelt, sich über die Lage zu verständigen und gemeinsame Strategien zu entwickeln – und das Verhältnis von Bewegung, Parteien und Gewerkschaften sowie Strukturprojekten immer wieder neu zu justieren. Das funktioniert nur im Austausch und auch im Streit zwischen zivilgesellschaftlichem und linksradikalem Antifaschismus – zwischen Gewerkschaft, Antifa, linken Basisgruppen, migrantischer Selbstorganisation, Strukturprojekten, Parteienvertreter*innen und vielen weiteren Antifaschist*innen.

Ein expliziter Schwerpunkt werden dieses Jahr auf dem Ratschlag feministische Themen, insbesondere das Thematisieren patriarchaler Strukturen innerhalb der linken Szene einnehmen. Gerade nach dem Bekanntwerden der sexualisierten Übergriffe in Erfurt, Gotha, Jena und Saalfeld müssen auch wir uns unserer Verantwortung stellen, die patriarchalen Strukturen sowohl innerhalb als auch außerhalb des Ratschlags zu reflektieren und versuchen zu durchbrechen.

Selbstverständlich haben die Täter und die Täterschützer*innen auf dem Ratschlag nichts zu suchen.

Also lasst uns weiter streiten – gegen Rassismus, Antisemitismus , Sexismus, Patriarchat und Faschismus, für eine Welt in der viele Welten Platz haben.

Kommt am 05. und 06. November zum Ratschlag in …

 

Erklärung des Vorbereitungsplenums zum „antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag“.

Wir, die Menschen im Vorbereitungsplenum zum jährlich stattfindenden „antifaschistischen und antirassistischen Ratschlag“ bedauern und verurteilen die 2020 öffentlich gemachte sexualisierte, psychische, physische patriarchale Gewalt innerhalb der Thüringer linken Szene in mehreren Orten. Insbesondere bedauern wir, dass es innerhalb der Linken offensichtlich an Aufmerksamkeit und Bewusstsein für die patriarchalen Verhältnisse mangelt, sodass diese Taten begünstigt wurden und die Betroffenen auch Monate nach den Outcalls Mechanismen der Täterentschuldigung, Relativierung bzw. des Täterschutzes erleben müssen. Wir erklären uns solidarisch mit den Betroffenen patriarchaler Gewalt und bekennen uns zu unserer Verantwortung dafür zu sorgen, dass diese, dort wo wir es beeinflussen können, nicht stattfindet.

Der „antifaschistische und antirassistische Ratschlag“ trägt nicht die Worte „antisexistisch“ oder „antipatriarchal“ im Namen. Dennoch wandte er sich immer gegen Erscheinungsformen von Menschenfeindlichkeit, gegen Unterdrückung und Diskriminierung und vertrat solidarische Positionen. Hieraus erwächst die logische Konsequenz auch patriarchale Verhältnisse zu kritisieren. Eine emanzipatorische, befreite Gesellschaft kann es mit patriarchalen Verhältnissen nicht geben. Wir können nicht Rechtsruck, Refaschisierung oder Rassismus thematisieren, kritisieren und an deren Beseitigung arbeiten, ohne selbiges mit der privilegierten Stellung von cis-Männern zu tun. Von nicht einvernehmlichen sexuellen Handlungen, Nötigungen, Ausnutzen von Machtpositionen, Zwang, Übergriffen und Vergewaltigungen ganz zu schweigen. All jenes sind Ausdrucksformen von Gewalt und somit nicht zu dulden! Verantwortung zu übernehmen, bedeutet für uns auch, eigenes Handeln, Themensetzungen und die Atmosphäre beim Ratschlag kritisch zu reflektieren und zu verändern.

Patriarchales Auftreten und Gewalt hat bei Veranstaltungen des Ratschlags keinen Platz. Das verbinden wir gleichzeitig mit der Aufforderung an alle, die progressive Politik machen (wollen) bzw. gesellschaftlichen Fortschritt wollen, dagegen vorzugehen. Unterstützt feministische Wortmeldungen auf Plena, reflektiert eure eigene Handlungen und Sprache, weißt auf übergriffige, unterdrückerische Handlungen und Sprache hin und reflektiert eure eigenen Anteile. Klar ist, dass die Täter der in den Outcalls aus Gotha, Jena, Erfurt und Saalfeld beschriebenen Taten sowie Akteur*innen, die diese Taten öffentlich relativieren oder entschuldigen, auf den Veranstaltungen des „antifaschistischen und antirassistischen Ratschlags“ keinen Zutritt erhalten werden.

Wir erwarten von den betreffenden Personen, dass sie sich selbstständig oder mit Unterstützung mit ihren Taten auseinandersetzen, und sich der Betroffenenperspektive anzunähern versuchen. Täter sowie deren Umfeld können sich beispielsweise an Unterstützungsstrukturen wenden, um Wünsche und Forderungen der Betroffenen zu erfragen, sollten diese nicht bereits öffentlich benannt sein. Ohne diese notwendige Verhaltensänderung haben Täter und deren relativierendes Umfeld nichts mehr auf Veranstaltungen des Ratschlags zu suchen. Dies müssen wir so schreiben, da ein Teil der Täter in den vergangenen Jahren Teil des Orga-Kreises und des Schutzkonzeptes waren. Eine spätere Entscheidung über ein Wiederzulassen bei Veranstaltungen des Ratschlags wird nicht ohne Rücksprache mit den Betroffenen bzw. deren Unterstützungsumfeld erfolgen.

Der Ratschlag ist ein Ort, an dem gesellschaftliche Alternativen und politische Konzepte frei diskutiert und Verhältnisse kritisiert werden sollen. Folglich bemühen wir uns aktuell um ein Awareness-Team, reflektieren auch unser Schutz-Konzept sowie patriarchale Aspekte des Ratschlages und wollen für jede Workshopphase ein feministisches Angebot unterbreiten.