“Nur um der Hoffnungslosen willen ist uns die Hoffnung gegeben”
“Gegen die, welche die Bomben walten, sind Barrikaden lächerlich” meinten Adorno oder Engels irgendwann mal. Die Drohung der Atombombe hat sich erübrigt (auch weil sie hingenommen wird). An ihre Stelle tritt der Klimakollaps. Ohne Aussicht auf einen “Griff nach der Notbremse” (Benjamin), muss der Schrecken auf den die Menschheit zurast gebannt werden, indem er auf die projiziert wird, welche nichtmals an Barrikaden basteln. Wir geben unseren Senf zur “Letzten Generation” ab, indem wir die anhaltlose Hysterie Aufregung um eine Klima-RAF mit einer historischen Anleitung zu militanten Aktionen kontrastieren.
Es ist das Jahr 2022 und es beginnt bis auf ein paar hoffnungslos Verlorenen allen zu dämmern, dass man einer dystopischen Zukunft entgegensteuert. Im Globalen Süden wird es unzählige Menschenleben und die andauernde Zerstörung von Lebensbedingungen kosten, was hierzulande eher zynisch hingenommen wird. Demgegenüber stehen im Globalen Norden – was ignoriert wird – massive Wohlstandverluste durch eine weitgehende Entwertung der etablierten Produktionsmittel an. Der individuell zwar höchst unterschiedlich angeeignete, aber doch gesellschaftliche Reichtum wurde in (Über-)Ausbeutung akkumuliert. In der näheren Zukunft steht ihm, wie Flutkatastrophen und Dürreperioden zeigen, eine unbekannte Vernichtung und damit beispiellose Verarmung weitester Teile der Bevölkerung bevor.
Wer sich daran erinnert, wie bereits die eher minoritären Wohlstandseinbußen im Zuge der Finanzkrise 2008 im Land des Krisengewinners Deutschland, dessen Spardiktat erfrierende Griech*innen bezahlen mussten, zur Gründung der seitdem konsequent ins völkische steuerenden AfD führten, dem schwant bei dieser Zukunftsperspektive Übles. Von der Abschaffung dieser Verhältnisse ganz zu schweigen, scheint sogar jede human-sozialdemokratische Besserstellung der Lohnabhängigen ausgeschlossen. Hass auf die, die unten sind und die Verarmung breiter Schichten schreiten nicht erst seit der Inflation konsequent fort. Die „plurale Fassung einer Einheitspartei“ (Johannes Agnoli) aus Linkspartei, Grünen, SPD und CDU trägt mit unterschiedlich schweren Herzen ihren Teil dazu bei. Im Inland streitet man sich darum wie tief “echter fairer Lohn” eigentlich sein darf, während man den Globalen Süden draußen, also ertrinkend im Mittelmeer behält. Währenddessen zeigt sich anhand der AfD, wie auch jeder ernsthaften Erhebung zu Menschenfeindlichkeit in der deutschen Bevölkerung, dass diese trostlose Normalität bedrohende faschistische Potenzial der Gesellschaft.
Wer sich mehr als 5 Minuten ernsthaft mit den Ursachen der kapitalgetriebenen Katastrophe auseinandersetzt, der müsste klar sein: „Mit dem Kommunismus verhält es sich wie mit den Verlorenen in der Wüste, die die Oase suchen: Es ist unwahrscheinlich, dass sie sie finden, aber ohne sind sie verloren.“
Einigen ist die Dramatik, nicht unbedingt die emanzipative Konsequenz, dieser Worte bewusst und in Folge der Hoffnungslosigkeit, werfen sie Soße auf Bilder. Wenn man isoliert und weitgehend allein dem Zwangszusammenhang entgegensteht, scheint Aufmerksamkeit das letzte realistische Ziel zu sein. Reelle Veränderung, die etwas an den ursächlichen Verhältnissen ändern könnten, traut man sich zwischen “mit den Politiker*innen reden” und Tempolimits auf der Autobahn nichtmal zu fordern. Ihre staatshörigen “Terrorakte“ lassen sich lediglich dadurch beheben, dass mit einem handelsüblichen Putztuch das Gulasch vom Sicherheitsglas gewischt wird. Der Antisemit und Neoleninist Andreas Malm plädiert daher nicht ganz unvernünftigerweise in seinem Werk „How to blow up a pipeline“ bereits für mehr. Aber bereits die bestehenden Streiche reichen aus, damit im Feulletion über Gefängnisstrafen für Stauverursacher diskutiert wird und Menschen bevor sie auch nur einen Finger rühren in Vorbeugehaft genommen werden. Parallel wird über die Entstehung einer neuen RAF philosophiert, als wenn es zwischen den sinnlosen Schüssen auf eine Charaktermaske der Ausbeutung, bei der am Ende leider nicht das Kapital, sondern ein Mensch und ehemaliger SS-Führer sterben muss, und der Beschädigung von Eigentum keine Differenz gäbe.
Um einen Beitrag zur Versachlichung dieser Debatte zu leisten, laden wir Teile der Prisma-Broschüre hoch, einer Sammlung von Anleitungen zu militanten Aktionen. Wir wollen niemandem dazu anstiften. Zum Einen, da uns fragwürdig scheint, inwiefern dies zur Errichtung der klassenlosen Weltcommune helfen kann. Zwar kann so etwas durchaus dazu beitragen Infrastruktur und Motivation von FaschistInnen nachhaltig zu schwächen. Zweifelhaft scheint uns allerdings, ob dies hier anwendbar ist, da es sich bei den Verantwortlichen hauptsächlich um Charaktermasken handelt und es unmöglich ist Schäden zu verursachen, welche auch nur entfernt an die der anstehenden Umweltkatastrophen heranreichen. Was ansteht ist selbst der größte Terror. Zum Anderen fordern wir nicht dazu auf, weil es verboten ist und man, wenn eh schon alles den Bach herunter geht, doch wenigstens das majestetische Recht, was den Armen wie den Reichen verbietet zu klauen, achten soll. Es geht uns lediglich um eine historische Perspektive darauf, dass schon einmal weit mehr getan wurde und möglich war (freilich auch ohne den gewünschten Erfolg und begleitet von ziemlich viel Repression), ohne das es zu einer neuen RAF führte. Wir laden aufgrund unseres historischen Interesses und der Repressionsgefahr auch nur Teile der Broschüre hoch, sind uns aber ziemlich sicher, dass man den Rest durch etwas googeln auch finden kann. Aufgrund des Alters könnten einige der Infos dort auch veraltet sein. Wir ergänzen diese daher allgemein durch einen Reiter „Sicherheit/Repressionsvorsorge“ auf unserer Website, unter der wir allerlei Informationsmaterialen zum Umgang mit staatlicher Repression sammeln. Wenn es ihr noch etwas nettes dazu habt, schreibt uns gerne eine Mail.
Die Zeiten waren noch nie gut, aber es wird ganz sicher nicht besser. Lasst uns keinen Quatsch machen, aufeinander aufpassen und 129a bleiben.
Edit/Nachtrag:
In einer früheren Version sprachen wir von einer “allgemeinen” bzw. “anhaltlosen Hysterie” und wurden von verschiedenen Seiten (Kappa Leipzig, Infoladen Sabotnik) richtigerweise auf die misogyne Konsequenz dieser Wortwahl, wie auch auf die damit einhergehende “unnötige Psychologisierung”, hingewiesen. Der Infoladen schlug aufgrund des augenscheinlichen Zusammenhangs von Männlichkeit mit dem Ausrasten gegenüber Stauverursacher*innen (oder dem Wunsch nach der harten Hand des Staats) vor, stattdessen von testikulär zu sprechen.