Ab und zu begegnete man in den letzten Tagen in Erfurt und in einigen Vordörfern einer Truppe von acht arbeitslosen Männern, die ihre Zeit damit verbringen in grünen Pullovern und einem weißen VW-Transporter den ganzen Tag durch Erfurt zu fahren. Die Rede ist natürlich vom Erfurter „Dritten Weg“ rund um Enrico Biczysko und Michel Fischer, die vor der Europa- und Kommunalwahl ihre täglichen Langeweile Abhilfe schaffen wollten.
Bereits im April sorgte der „Dritte Weg“ in Erfurt für Unterhaltung. Um Unterschriften zu sammeln, damit die Partei zur Kommunalwahl zugelassen wird, war ihnen nichts zu peinlich. Während Michel Fischer in sozialen Netzwerken sogar Leuten versprach, man würde sie daheim abholen um sie ins Bürgeramt zu fahren, beschwerte sich Biczysko später, dass die Kameraden doch gar kein Interesse an ihm und seinen grünen Freunden haben. Also bedurfte es neuer Mittel und Wege. Man stellte sich nun den ganzen Tag vor das Bürgeramt, vermutlich mit dem Ziel die Leute so lange zu nerven bis sie freiwillig für den „Dritten Weg“ unterschreiben, nur damit Fischer sie nicht mehr anspricht. Da sich selbst die Stadt Erfurt belästigt sah, wurde kurzer Hand vor dem Bürgeramt eine Baustelle ausgehoben und somit den Nazis ihr Kundgebungsort umgegraben. Für diese war das natürlich ein Skandal, von dem sich das Erfurter Spitzenpersonal der Partei nicht vom Weg abbringen lassen wollte. So folgten Videobotschaften, deren Klickzahl sich zwar in Grenzen hielt, aber deren Inhalt Sprengkraft hatte. Begabte Redner, wie Enrico Biczysko, kommentierten mit messerscharfen Analysen das Verhalten der Stadt und sein redegewandter Kollege Michel Fischer rief in seiner Videobotschaft alle Leute dazu auf nach Erfurt zu kommen und für den „Dritten Weg“ zu unterschreiben, aber nur wenn sie selbst aus Erfurt kommen. Wir möchten ausdrücklich um mehr von diesem Unterhaltungsformat bitten!
Insgesamt 14 Tage am Stück, von morgens bis abends, kündigte der „Dritte Weg“ in Erfurt Kundgebungen an, verteilt im ganzen Stadtgebiet. Dabei fuhren die sechs bis acht Insassen immer mit ihrem Lautsprecherwagen vor, riefen „Achtung! Achtung!“ und spielten Rechtsrock. Das Interesse an ihren Kundgebungen war dabei ungemein gering. Das ist aber für die Erfurter Nazis kein Problem, schließlich gibt es ja noch das Internet wo man auf der Parteiseite von erfolgreichen Aktionstagen mit viel Zulauf schwadronieren kann. Den Parteivorsitz in Plauen dürfte es freuen, erweckt der Erfurter Ableger doch den Eindruck man stehe in Erfurt kurz vor dem großen Einzug ins Rathaus. Doch die Realität sieht dann doch immer etwas anders aus. Als sich der „Dritte Weg“ am 14.05.2019 am Erfurter Anger einfand, musste beispielsweise die ganze Familie von Björn Mey, ebenfalls Stadtratskandidat der Nazisplitterpartei, aufkreuzen und sich interessiert vor den Infotisch stellen, schließlich wirkt es so als würde sich eine ganz normale Familie für den ausgelegten Papiermüll der Partei interessieren. Doch einigen Beobachtungen nach war die Partei meist nicht mal eine ganze Stunde am Kundgebungsort und begann vor allem sich selbst zu bespaßen oder befreundete Kameraden zu begrüßen.
So richtig zuverlässig ist der „Dritte Weg“ in Erfurt dann auch nicht und gerade am vergangenen Wochenende vielen die Kundgebungen der Nazis meist ganz aus. So auch am Sonntag, als sich bereits einige Antifaschisten in der Magdeburger Allee auf den Besuch aus dem Süden freuten, aber leider völlig umsonst auf das ersehnte „Achtung! Achtung!“ warteten.
Vielleicht ein erstes Zeichen, dass die Kameraden eingesehen haben, dass ihre arbeitslosen Beschäftigung nicht viel bringt.
Für den kommenden Samstag haben die Nazis eine ganztägige Kundgebung auf dem Fischmarkt angekündigt. Ob sie diesmal wirklich auch kommen oder nicht wird sich zeigen. Haltet die Augen und Ohren offen für den Gegenprotest! Außerdem hängen an den Kundgebungsorten, besonders in Nord und Süd immer wieder Plakate der Partei. Da es die kommenden Tage ja häufiger Gewittern soll, geht das ein oder andere vielleicht zu Bruch. 😉
Das Bündnis “Auf die Plätze” hat bereits eine Gegendemo angemeldet. Start ist 12 Uhr am Handeplatz in Erfurt.