Mehr als 400 Antifaschist:innen demonstrierten am Samstag den 17. Juli 2021 durch die Erfurter Innenstadt, um an den Jahrestag des Neonazi-Angriffs vor der Thüringer Staatskanzlei auf eine Gruppe junger Erwachsener 2020 zu erinnern und auf die aktuellen Probleme mit Neonazigewalt aufmerksam zu machen. Lautstark ging es durch die Innenstadt, begleitet von einem Großaufgebot der Polizei, samt ziviler Cops.
Antifaschistische Demonstration – lautstark und entschlossen
Am Hirschgarten, dem Platz vor der Staatskanzlei, versammelten sich rund 400 Menschen, die den ersten Redebeiträgen unserer Gruppe lauschten, welche die Kontinuität rechter Gewalt in Erfurt und Deutschland verdeutlichten und die Verbindung zu staatlichen Institutionen sowie ihren Repressionswillen gegen Antifaschist:innen thematisierten. Als sich der Demonstrationszug schließlich in Bewegung setzte fuhr die Staatsmacht bereits mit mehreren Autos voraus und sicherte das Angerdreieck mit einem Gitterkonzept, welches für den weiteren Demonstrationsverlauf nicht sinnvoll angelegt war. Während am Angerdreieck der Soli-Erklärung für Lina und einer Thematisierung der Repressionen gegen Antifaschist:innen Gehör verschafft worden war, ging es weiter in Richtung Bahnhof. Selbst die Polizei bemerkte, dass sie zuerst die Gitter in Richtung Bahnhof öffnen müssen, bevor die Demonstration weiterziehen kann. Respekt für so viel taktisches Verständnis an dieser Stelle!
Am Bahnhofsvorplatz folgten weitere Redebeiträge, u.a. thematisierten diese den Angriff auf zwei Journalist:innen 2018 in Fretterode und den beginnenden Prozess im September gegen Gianluca Bruno und Nordulf Heise. In einem Redebeitrag vom linksradikalen Bündnis „Alles muss man selber machen“ wurde der Zusammenhang zwischen Kapitalismus und rechter Gewalt näher beleuchtet. Außerdem folgte ein Mobi-Redebeitrag für eine antifaschistische Demonstration eine Woche später in Halle, welche den neuen Staatstrojaner und die neuen Befugnisse für Geheimdienste wie den Verfassungsschutz thematisierte.
Weiter ging es dann in Richtung Löberstraße, wo ein weiterer Redebeitrag von NIKA Sachsen auf die Repression und Kriminalisierung von Antifaschismus in Sachsen hinwies. Gefolgt war dies von einem Mobi-Redebeitrag gegen den Naziaufmarsch in Weimar am 7. August.
Bis zum Ende am Domplatz zog der Demonstrationszug laut und entschlossen durch die Erfurter Stadt. Die Abschlusskundgebung hatte dabei den weiteren Schwerpunkt der Repression und ein Redebeitrag rief zu einer Demonstration am 31. Juli in Weimar auf, die sich gegen genau jene staatlichen Versuche Antifaschismus anzugreifen zur Wehr setzte. Den Abschluss bildete ein Redebeitrag vom Rechtsanwalt Alexander Hoffmann, welcher u.a. Nebenklagevertreter im Ballstädt-Verfahren war. Er zeichnete das Versagen der Justiz in diesem Fall nach und machte deutlich, dass Antifaschismus vor allem Handarbeit bleibt, die sich nicht auf Staat und Justiz verlassen kann und sollte.
Sound of da police
Die Polizei fuhr auf und begleitete die Demonstration davor und danach mit mehreren Einsatzwagen und Blaulicht. Zum Teil wirkte es allerdings eher so, als wäre das Einsatzkonzept der Polizei nicht wirklich durchdacht gewesen. Zusätzlich flogen am Bahnhof zwei Zivilbeamte der Bundespolizei auf. Beide wurde seitens der Anmelderin angesprochen und hätten sich bereits im Vorfeld zu erkennen geben müssen. Sie taten dies nicht und wurden der Demonstration verwiesen. Anschließend verkrochen sich relativ schnell, als über Lautsprecherwagen auf die beiden aufmerksam gemacht wurden. An dieser Stelle ein Dank an die aufmerksamen Antifaschist:innen und unsere Versammlungsleitung für das schnelle und konsequente Eingreifen. Kurze Zeit später wurde bekannt, dass Antifaschist:innen, welche sich im Bahnhof von der Demo begaben, noch einer verdachtsunabhängigen Kontrolle unterzogen wurden. Wahrscheinlich musste die Einsatzleitung doch noch irgendeine Quote für den Einsatz erfüllen. Weitere Repressalien sind uns und dem EA von diesem Tag nicht bekannt. Wenn ihr dennoch Stress mit der Staatsmacht im Nachgang bekommt, meldet euch bei uns und der Roten Hilfe!
Abschließend noch ein paar Sätze zu den umherirrenden Neonazis: Rund 50 Neonazis, mit Unterstützung von außerhalb, wollten gegen die Demonstration auf die Straße gehen. Erst an der Arnstädter Straße, dann irgendwo dazwischen und dann am Anger. Zu sehen bekam die Demonstration das Trauerspiel leider nicht, schließlich ließen sich die Neonazis von der Versammlungsbehörde gut an der Nase herumführen und so wanderten sie brav von Punkt A nach B, wobei unsere Demonstration schon längst woanders war. Für große Sprüche im Internet hat es aber scheinbar gereicht. Mehr gibt es dazu eigentlich nicht zu sagen.
Wir bedanken uns bei allen Antifaschist:innen, die da waren, die Orga unterstützt haben, dem EA, der Lauti-Crew und alle die wir hier nicht nennen können! Anschließend dokumentieren wir noch einige der Redebeiträge sowie Bilder der Demonstration.