Erneut salafistische Veranstaltung in Erfurt

Salafistenprediger Ahmad Armih alias „Ahmad Abul Baraa“ Anfang Februar beim Seminar in der Erfurter Moschee.
Salafistenprediger Ahmad Armih alias „Ahmad Abul Baraa“ Anfang Februar beim Seminar in der Erfurter Moschee.

Im Erfurter Moscheeverein findet am kommenden Wochenende ein Seminar des islamistischen Predigers Ahmad Armih „Ahmad Abul Baraa“ aus Berlin statt. In den vergangenen Monaten fanden mehrere  solcher Veranstaltungen in Erfurt statt. Der Erfurter Moscheeverein bietet bereits seit vielen Jahren salafistischen Predigern einen Raum. Da die Moschee als einziger Gebetsraum allen Muslimen zur Verfügung steht, sind diese Veranstaltung auch ein Versuch der salafistischen Szene mittels prominenten Predigern zu rekrutieren. Bei vergangenen Seminaren reisten Teilnehmende vor allem aus dem Bundesgebiet an. Eine Einordnung von salafistischen Bestrebungen in Erfurt.

Abul Baraa – Salafistischer Influencer

Flyer Ankündigung Seminar mit salafistischen Prediger Abul Baraa in Erfurt in Kooperation mit dem Erfurter Moschee e.V.
Flyer Ankündigung Seminar mit salafistischen Prediger Abul Baraa in Erfurt in Kooperation mit dem Erfurter Moschee e.V.

Der angekündigte Prediger ist kein Unbekannter, er gehört zu den bekanntesten und einflussreichsten Salafisten im deutschsprachigen Raum. Bereits seit den 2000er Jahren ist Ahmad Armih unter dem Namen „Ahmad Abul Baraa“ in salafistischen Kreisen in Berlin tätig. Im Moscheeverein der As-Sahaba-Moschee gehört er zu den bestimmenden Personen. Die Moschee in Berlin-Wedding predigt einen streng ausgelegten Islam und hatte regelmäßig bekannte salafistische Prediger und Dschihadisten zu Besuch, darunter Denis Cuspert, welcher als Rapper ‚DesoDogg’ bekannt war und sich 2012 in Syrien dem IS anschloss, nachdem er in den Fokus deutscher Ermittlungsbehörden geriet. Cuspert fand sich auf internationalen Terrorlisten wieder und rief 2015 islamistische Schläferzellen zu Anschlägen in Deutschland auf. Erst 2018 beendete ein Drohnenangriff seine Dschihadisten-Karriere in Syrien. 2011 besuchten Journalisten eine Predigt von Abul Baraa in der Moschee, bei der dieser gegen Ungläubige hetzte. In mehreren Predigten, die Abul Baraa reihenweise ins Internet stellt, ruft er zum Dschihad auf. Sünden können wiedergutgemacht werden, indem man „für Allah sein Leben gebe“. Mindestens zwei Gruppen Jugendlicher aus Berlin, welche die Moschee besuchten, sollen später in Kriegsgebieten seinem Aufruf gefolgt sein. 2018 wurde seine Wohnung durchsucht, es bestand der Verdacht dschihadistische Kämpfer in Syrien finanziell unterstützt zu haben. In seinen Predigten macht Abul Baraa vor allem eine ‚Wir gegen Die‘ Rhetorik aus. Die Muslime gegen die Ungläubigen, „Zionisten“, wahlweise die „zionistische Presse“, „der Westen“ oder deutsche Behörden. Generell zeichnet ihn ein eklatanter Antisemitismus aus. Er bedient immer wieder die Darstellung von „fremdgesteuerten“ Politiker:innen sowie „verbrecherischen Zionisten“ in der Exekutive.
Seine Frauenverachtung ist dabei auch religiös begründet, da diese die größte Bedrohung für die Selbstbeherrschung eines gläubigen Muslims sei: „Um den frommen Muslim Gott vergessen zu lassen und zum Verlust der Triebkontrolle zu führen, reichten Kleinigkeiten: das Abzeichnen von Körperumrissen bei zu enger Kleidung, unverhüllte Haare und Haut, ja, schon die Stimme oder der Klang von ihren Schritten könne ausreichen.“ (Weiterführende Infos zu Abul Baraa hier).

Was ist Salafismus? (Click)

“Beim Salafismus handelt es sich um eine besonders strenge Spielart des Islamismus bzw. islamischen Fundamentalismus. Salafisten möchten zurück zur Frühzeit des Islam, ihn so
leben, wie er nach ihrer Vorstellung zur Zeit Mohammeds und seiner ersten
Nachfolger praktiziert wurde. Dabei dulden sie keinerlei Abweichungen, der Koran wird ebenso wörtlich genommen wie ihnen die Sunna – die Überlieferung angeblicher Handlungen und Sprüche Mohammeds – als unhinterfrag- bare, wortgetreu umzusetzende Anweisung zur Lebenspraxis gilt. Dies trifft zwar auch für andere islamistische Strömungen zu, doch lehnen
die Salafisten jegliches noch so kleine pragmatische Zugeständnis ab, wo- bei eine klare Abgrenzung zu anderen Islamisten nicht immer möglich ist.” (aus Klaus Blees: Salafismus: Die unterschätzte Gefahr von recht)

Salafistische Veranstaltungen – kein Einzelfall

Flyer für salafistisches Islam-Seminar März 2023 in der Erfurter Moschee mit Abu Hashemi, Muhammad Jaballah, Abu Jamal, Abu Al-Hussain.
Flyer für salafistisches Islam-Seminar März 2023 in der Erfurter Moschee mit Abu Hashemi, Muhammad Jaballah, Abu Jamal, Abu Al-Hussain.

Derartige Seminare sind dabei kein Einzelfall. In den vergangenen Monaten war Abul Baraa bereits mehrfach in Erfurt zu Gast. Bereits vom 23. – 24. August 2024 bot er ein Seminar unter dem Titel „Die gewaltigste Versuchung für die Jugendlichen“ in Erfurt an. Zuvor fand ein Seminar am 10. Mai 2024 ebenfalls in Erfurt statt. Vom 7. bis 8. Februar erfolgte ein weiteres Seminar in Erfurt „Lerne die vier Khalifen kennen!“. Nun folgt vom 2. bis 3. Mai „Die vier rechtgeleiteten Kalifen“, wieder in der Erfurter Moschee. In der Vergangenheit fanden immer wieder Seminare und Veranstaltungen der salafistischen Szene in der Erfurter Moschee statt. Beispielsweise wurde vom 17. bis 19. März 2023 ein Islamseminar von weiteren bekannten Salafisten abgehalten, unter anderem Ustad Wisam Abu Hashim aus Braunschweig, welcher mit Abul Baraa immer wieder gemeinsam auftritt. Weiterhin waren Muhammad Jaballah, Shaik Abu Jamal (Mohamed Bensain) und Shaik Abu Al-Hussain (Hassan Dabbagh). Letztere zählen zu zentralen Akteuren einer jüngeren Generation von salafistischen Predigern. Ein 12 Jahre altes Video auf einem salafistischen Youtube-Kanal zeigt nicht nur Videos von bekannten Salafisten, sondern auch von Abdullah Dündar, Imam und Vorsitzender des Internationalen Islamischen Kulturzentrum Erfurter Moschee e.V., welcher zu „Allah ruft seine Diener zum Glauben!“ referiert. Dündar gründete die Erfurter Moschee vor mehr als 20 Jahren und trat öffentlich vor allem bei interreligiösen Dialogveranstaltungen auf und gibt sich nach außen als Aufklärer über die muslimische Kultur, auch in Kooperation mit anderen Vereinen. Im Gegensatz dazu bietet die Erfurter Moschee immer wieder Raum für salafistische Prediger und ihre Seminare.

Imam und Vorsitzender des Erfurter Moscheeverein Abdullah Dündar, auf salafistischen Youtube-Kanal 2012.
Imam und Vorsitzender des Erfurter Moscheeverein Abdullah Dündar, auf salafistischen Youtube-Kanal 2012.

Islamistische Gefahr für Muslime

Die Erfurter Moschee bietet für viele Muslime einen Gebetsraum, aus unterschiedlichen Ausrichtungen. Ein Großteil der Menschen die den Raum für ihre Gebete nutzt ist nicht dem Salafismus zuzurechnen. Dennoch bergen solche Veranstaltung mit Predigern wie Abul Baraa die Gefahr einem radikalislamistischen Salafismus einen Raum zu geben und sich zu verankern. Ein Großteil der Teilnehmenden reist zu solchen Veranstaltung aus dem Bundesgebiet nach Erfurt an. Im Vergleich zu anderen Städten erscheint die salafistische Szene in Erfurt eher klein und wirkt vor allem nach innen. Die größte Gefahr die von solchen islamistischen Gruppierungen geht, insbesondere in der gemeinsam genutzten Moschee, vor allem für Muslime aus, die der islamistischen Auslegung nicht folgen, einen moderaten Islam anhängen und den Ort für ihr Gebet nutzen wollen. Derartige salafistische Bestrebungen wirken nach innen und sind zuallererst eine Gefahr für Menschen aus der migrantischen Community, moderaten Muslimen oder säkulare Migrant:innen. Um so wichtiger wird es über salafistische Bestrebungen aufzuklären und diese auch innerhalb der Community zu problematisieren. Dass sich Erfurt als Austragungsort für salafistische Prediger weiter etabliert ist dabei nicht nur ein lokales, sondern ein bundesweites Problem, da ihre Veranstaltungen hier weitgehend unter dem Radar laufen können. Lediglich im vergangenen Jahr nahm die Lokalpresse den Auftritt Abul Baraa’s als Anlass für einen kurzen Artikel, der allerdings das Problemfeld des Salafismus nicht zu fassen bekam. Der Salafismus bedroht, wie auch andere islamistische Bestrebungen, zu erst alle Abweichler in der eigenen Community, Frauen, moderate Muslime, säkulare Migrant:innen, Homosexuelle und Liberale. Kampf dem Islamismus bedeutet auch die Solidarität mit alljenen, die durch diesen bedroht, entmündigt und in seiner Konsequenz an Leib und Leben bedroht sind.

Youtube-Livestream vom salafistischen Seminar in der Erfurter Moschee am 10. Mai 2024. Salafistenprediger Ahmad Armih alias „Ahmad Abul Baraa“ muss am Tablet noch Tik-Tok machen.
Youtube-Livestream vom salafistischen Seminar in der Erfurter Moschee am 10. Mai 2024. Salafistenprediger Ahmad Armih alias „Ahmad Abul Baraa“ muss am Tablet noch Tik-Tok machen.

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