Veranstaltungsreihe im März und April: Die Corona-Krise und die autoritäre Revolte

Für März und April ist eine dreiteilige Veranstaltungsreihe geplant, welche sich mit einigen Aspekten der Corona-Krise beschäftigt. Zwei ausgewählte Schwerpunkte sind dabei einmal der Antisemitismus sowie die Auswirkungen der Krise auf das bestehende Geschlechterverhältnis. In einer dritten Veranstaltung sollen weitere ideologische Grundaspekte der sog. „Corona-Proteste“ thematisiert werden. Wir dokumentieren die Ankündigungen für die Reihe und die einzelnen Vorträge.

„Spaltung der Gesellschaft“ ist als Schlagwort im dritten Jahr der Corona-Pandemie in aller Munde. Wer die vorherige Gesellschaft als ein harmonisches Ganzes versteht, der meint hier auch nicht etwa die weitere Prekarisierung von Migrant:innen und Arbeiter:innen im Niedriglohnsektor, die weitere Verschärfung der Krise durch Privatisierung und Einsparung im Gesundheits- und Pflegesektor oder gar die steigende Gefahr in Zeiten von Lockdown und Ausgangssperren als FLINTA-Person von patriarchaler Gewalt in den eigenen vier Wänden betroffen zu sein. Von alledem hört man nur sehr selten etwas.
In der Diskussion steht die vermeintliche Spaltung zwischen den „Corona-Leugner:innen“, Impfgegner:innen, Neonazis und dem Rest der Gesellschaft. Diese dienen nicht nur als der unsolidarische Gegenpart zu den guten Deutschen, die sich impfen lassen und im Lockdown gerne auf ihre Freizeitaktivitäten verzichten um im Betrieb Home Office effektiv weiter zu funktionieren. Sie bilden auch die aktuelle Speerspitze einer autoritären Revolte auf der Straße. Ihnen geht es dabei genau so wenig um die konkreten Auswirkungen der Corona-Krise. Viel mehr vermischen sich autoritäre Fantasien, antisemitischer Verschwörungswahn und die Selbstinszenierung als vermeintlicher Widerstand gegen eine Gesundheitsdiktatur. Dies lässt nicht nur eine komplexe Krise vereinfachen, sondern dient auch dazu die eigene unbegriffene gesellschaftliche Ohnmacht zu verbergen. Dabei können diese Mobilisierungen, wie wir sie in den letzten Jahren beobachten, auf Erfahrungswerte aus den vergangenen Krisen Blicken. In die Reihe von PEGIDA, AfD, Montagsmahnwachen usw. reihen sich die Corona-Leugner:innen ein. Aus diesem Grund widmet sich der erste Vortrag in der Reihe dem „Antisemitismus in der Corona-Pandemie“. Dieser nimmt sich einer Analyse des modernen Antisemitismus vor und bezieht sich auf die Corona-Proteste sowie deren Bezug zum Nationalsozialismus.
Im zweiten Vortrag der Reihe sollen „Mobilisierbare Deutsche -Eine politische Einordnung der ‚Corona Rebellen‘“ in den Blick genommen sowie ihre ideologischen Grundaspekte reflektiert werden. Dabei soll die Gruppe „Eklat“ aus Münster ihre 2021 erschiene Broschüre vorstellen.
Den Abschluss der Veranstaltungsreihe bildet ein Vortrag zu den „Krisenverliererinnen – Die Auswirkungen der Corona – Pandemie auf das Geschlechterverhältnis“, als eines der wenig beachteten Felder mit zum Teil verheerenden Krisenauswirkungen der letzten Jahren.

Freitag, 11. März um 19 Uhr: Antisemitismus in der Corona-Pandemie – hybrid


Abgesagt! Nachholtermin wird bekanntgegeben:

Freitag, 25. März um 19 Uhr: „Mobilisierbare Deutsche -Eine politische Einordnung der ‚Corona Rebellen‘“ – mit Eklat Münster (angefragt) – ausschließlich online


Freitag, 8. April um 19 Uhr: „Krisenverliererinnen – Die Auswirkungen der Corona – Pandemie auf das Geschlechterverhältnis“ – mit dem Antifaschistischen Kultur und Politik in Südthüringen e.V. – hybrid

Sowohl am 11. März als auch am 8.April ist es möglich den Vortrag online sowie in Präsenz zu verfolgen. In allen Fällen ist eine vorherige Anmeldung per Mail im Vorfeld erforderlich.


Ankündigungstexte:

Antisemitismus in der Corona-Pandemie – von Dissens

Der Vortrag soll aufzeigen welche zentralen Elemente des modernen Antisemitismus in Zeiten der Pandemie grundlegend sind und geht der Frage nach, warum gerade der Antisemitismus in dieser Zeit wieder zum zentralen Verbindungselement der verschiedenen Strömungen in der Corona-Leugner:innen wurde. Ein weiterer Schwerpunkt des Vortrags wird der aktuelle NS-Bezug dieser Bewegung in Deutschland sein.


Abgesagt! Nachholtermin wird bekanntgegeben.

MOBILISIERBARE DEUTSCHE – Eine politische Einordnung der „Corona Rebellen“ – von Eklat Münster

Die sogenannten „Hygienedemos“ haben gezeigt: Nicht wenige Menschen in Deutschland sind für eine regressive Mobilisierung offen. Diese, auf ihren Gestus reduzierte Rebellion, soll die unbegriffene gesellschaftliche Ohnmacht der Individuen kaschieren, während die realen Gründe der Ohnmacht unangetastet bleiben. Es ist eine Spielart der konformistischen Revolte, die sich subversiv aufführt und eine Schein-Rebellion gegen eine imaginierte Macht anzettelt. Sie lässt autoritäre Fantasien frei, frönt Strafbedürfnissen und sehnt sich nach Kollektiv und Führung.
Die Broschüre „Mobilisierbare Deutsche” liefert eine Reflexion der ideologischen Grundaspekte dieser Mobilisierung. Sie zeigt auf, inwiefern das entfaltete Narrativ den üblichen Mustern von regressiver Gesellschaftskritik und Verschwörungsmythen entspricht. Dadurch wird erklärbar, warum auch unverdächtige Akteur*innen über eine Eigendynamik in die Nähe zu extrem Rechten gelangen konnten, – eine tieferliegende Affinität wird offenbart.


„Krisenverliererinnen – Die Auswirkungen der Corona – Pandemie auf das Geschlechterverhältnis“ – mit dem Antifaschistischen Kultur und Politik in Südthüringen e.V.

Die Corona-Krise brachte in existentiellen Fragen vermeintlich neue Gewissheiten über das soziale Gefüge dieser Gesellschaft zum Vorschein. Als “systemrelevant” galt neuerdings nicht mehr die Autoindustrie, sondern die Pflege in Altersheimen und Krankenhäusern, die Erziehungsberufe sowie der Lebensmittelhandel. Die Arbeitnehmer_innen in diesen Berufen lassen sich wie folgt mehrheitlich beschreiben: prekär beschäftigt, unterbezahlt, weiblich. In der Krise hielten also Frauen die Gesellschaft am Laufen.
Als dann die Schulen und Kindertagesstätten in Thüringen und der Bundesrepublik für Wochen schlossen, stellte sich für Eltern die Frage der Kinderbetreuung. Großeltern schieden vielfach schon wegen des Alters und der daraus resultierenden Gesundheitsgefahr aus. Und so kam es vielerorts zur Rückkehr in alte Muster: Die Care-Arbeit blieb an den Frauen hängen. Das Comeback der alten Geschlechterschemata bringt damit neue alte Ungleichheiten hervor und wirft Frauen vielfach wieder auf die Rolle der Mutter zurück.
Der Vortrag thematisiert diese Veränderungen im Geschlechterverhältnis und die Auswirkungen auf das soziale Gefüge.