“Keine Deals mit der Homophobie!” – Flyer-Aktion auf dem Erfurter CSD-Marsch

Symbolbild – Bildquelle: de.stopthebomb.net

Am Samstag, den 24. August 2019, fand der Erfurter CSD-Marsch statt, an dem sich rund 3.000 Menschen beteiligten.

Auf der Auftaktkundgebung wurde das Flugblatt “Keine Deals mit der
Homophobie! Für ein Ende der Geschäfte Deutschlands mit dem
islamischen Regime im Iran!” verteilt, welches wir folgend als Text veröffentlichen möchten und das Flugblatt dokumentieren.

Für ein Ende der Geschäfte Deutschlands mit dem islamischen Regime im Iran

Homosexuelle werden im Iran durch die drohende Repression in die Heimlichkeit getrieben. In der Islamischen Republik setzen regimenahe Sittenwächter die gesetzlich festgeschriebenen Moralvorstellungen durch. Streifen der Polizei und der den Revolutionsgarden unterstehenden Basidj-Milizen überwachen die Einhaltung der „islamischen Moral“ und „Sittlichkeit“: In aller erste Linie heißt das, dass Frauen und Mädchen, die Kleidervorschriften einhalten, unter anderem das obligatorische Kopftuch, und das junge Pärchen nicht öffentlich
Händchen halten. Die Angehörigen der Basidj und der Revolutionswächter werden für willkürliche Übergriffe und Gewalt nicht zur Rechenschaft gezogen. Vermuten sie Homosexualität, so müssen die Betroffenen mit Demütigungen, Gewalt, Verhaftungen und Todesdrohungen rechnen – aber auch mit späterer Ausgrenzung, Spott und weiteren Demütigungen. Ein freies Leben in gleichgeschlechtlichen Partnerschaften ist in der Islamischen Republik undenkbar.
Das Justizsystem der Islamischen Republik Iran ist eines der brutalsten der Welt. Hinrichtungen sind an der Tagesordnung und werden durch ein Rechtssystem gedeckt, was sich nicht nach bürgerlichen Normen, sondern klar nach der Scharia, dem islamischen Rechtssystem, richtet. Die Grundlage bildet dabei, dass nach islamischem Recht, Homosexualität als “todeswürdiges Verbrechen“ gesehen wird.1

Nach der dahinterstehenden Logik macht sich ein solcher Mann selbst zur Frau und verhält sich damit besonders widernatürlich. Den Partnern des Geschlechtsverkehrs droht unter bestimmten Bedingungen die Todesstrafe, ansonsten 100 Peitschenhiebe. Frauen drohen in jedem Fall 100 Peitschenhiebe. Im iranischen Rechtswesen
werden Homosexuelle als „luti“ bezeichnet. Es handelt sich dabei um einen außerordentlich abwertenden Begriff, der sich von der Person Lot in Genesis und Koran ableitet, bzw. dem „Volk Lots“, dass Lot im Koran scharf verurteilt. Der Begriff hat im Persischen und Arabischen
eine deutlich negativere, schmähende Schärfe als im Deutschen z.B. „Sodom und Gomorra“. Ein „Geständnis“ ohne andere „Beweismittel“ kann mit einunddreißig bis vierundsiebzig Peitschenhieben bestraft werden. Ein viermal wiederholtes „Geständnis“ gilt als hinreichender Beweis für die „Schuld“ und die volle Strafe von entweder 100 Peitschenhieben oder der Todesstrafe. Die iranische Justiz lässt
vielfach unter Folter erpresste „Geständnisse“ als Beweismittel zu.2

Bei der Überarbeitung des iranischen Strafrechts in den Jahren 2012/2013 sind die Regelungen zur Homosexualität geändert
worden. Die frühere Fassung sah für den Teilnehmer in jedem Fall zwingend die Todesstrafe vor, wenn er volljährig war. Andererseits ist die frühere Strafmilderung auf „nur“ bis zu 74 Peitschenhiebe für
„Unmündige“ in der neuen Fassung entfernt worden. Unter diesen Exekutionen und unter Verfolgung leiden politische Dissidenten der
Opposition, ethnische, religiöse sowie sexuelle Minderheiten. Oft wird die Todesstrafe für vermeintlich begangene Taten verhängt, bei der keine Person zu Schaden kam, worunter der einvernehmliche
Sex zwischen Gleichgeschlechtlichen gezählt wird. Die meisten der Opfer sind noch Minderjährige. Immer wieder werden Menschen in Gefängnisse verschleppt, gefoltert und unter unwürdigen Bedingungen festgehalten. Deutschland ist seit vielen Jahren wichtiger Partner für die iranische Wirtschaft und geht immer wieder auf diplomatischem Kuschelkurs mit dem islamischen Regime. Erst im vergangenen Jahr hatte Bundespräsident Steinmeier die „Islamische Gemeinschaft der schiitischen Gemeinden“ (IGS) ins Schloss Bellevue eingeladen und damit einen wichtigen Fürsprecher für das iranische Regime in Deutschland hofiert. Die Liste ließe sich noch endlos fortsetzen. Im Juli 2019 besuchte Außenminister Heiko Maaß den Iran und schwieg zur aktuellen Lage. Selbst als ein Bildreporter den iranischen Außenminister Mohammed Dschawad Sarif fragte, warum im Iran Homosexuelle hingerichtet werden und dieser die Hinrichtungen salopp mit dem iranischen Gesetz begründete, schwieg Heiko
Maas. 3

Es ist Zeit die Probleme im Iran öffentlich zu benennen und Veranstaltungen, wie die heutige zu nutzen, um auf die Lage der
Homosexuellenverfolgung im Iran aufmerksam zu machen und Öffentlichkeit aufzubauen, die widerspricht, wenn deutsche Wirtschaft und Politik mit dem islamischen Regime Geschäfte machen. Der Iran ist nicht nur eine Bedrohung für die sexuellen Minderheiten des Landes, sondern stellt auch international, durch seine Vernichtungsdrohungen gegen Israel, seine militärische Intervention in Syrien und seine
Politik der Eskalation eine Bedrohung für Menschen weltweit dar.
Wir fordern daher, dass Schweigen zu brechen und auf die Verfolgung von Minderheiten im Iran aufmerksam zu machen und klar zu
formulieren:

Nieder mit dem islamischen Regime im Iran!
Keine Geschäfte mit Teheran durch die deutsche Wirtschaft und Politik!
Solidarität mit der iranischen Opposition!

Dissens – Antifaschistische Gruppe Erfurt
August 2019

Weitere Infos zum iranischen Regime unter:
http://www.stopthebomb.net/
https://www.mena-watch.com/?s=Iran
https://www.igfm.de/verfolgung-von-
homosexuellen-im-iran/

1 Siehe: https://bit.ly/2NpWWha
2 Die Passage des Textes wurde entnommen aus einem Text der IGFM, siehe: https://bit.ly/326dGhB
3 Siehe: https://bit.ly/2L5ucXV